Mauerkunst. BStU – MfS-HA-I – Nr. 17597 – Bild 0002

1982 führte der Meisterschüler von Prof …. 40 Kunstaktionen an der Berliner Mauer bzw. an der Berliner Demarkationsline durch. 38 Aktionen fanden in Bereichen statt, in denen das erste Sperrelement ‚freundwärts´ nicht aus einer Mauer, sondern aus einem drei Meter hohen Streckmetallzaun bestand.

Eine Aktion führte der Künstler im Spandauer Forst, am Oberjägerweg durch. Dort stand eine Grenzmauer in der ‚zweiten‘ Generation, aus der Elsner zwischen zwei H-Trägern die eingeschobenen Betonplatten herausbrach und diese Lücke durch sein Kunstwerk ersetzte. Während die sowjetzonalen Grenzposten von der Aktion nichts mitbekamen, verhaftete eine Britische Patroille den Künstler, obwohl die Briten an der Mauer auf dem Territorium der DDR keine hoheitlichen Rechte ausüben konnten.

Nachdem die „Grepos“ das „Kunstwerk“ entdeckten, wurde der Vorgang von der Stasi unter dem Aktenzeichen MfS-HA I Nr. 17597 weiterverarbeitet, die daraufhin Elsners Kunstaktionen kartografisch erfassten und fotografisch dokumentierten. Die Staatssicherheit der DDR konnte allerdings in den Aktionen keine Kunst erkennen, sondern sprach von „Terrorismus“.

Stephan Elsner ist der einzige Künstler, in indirekt in der Todeszone gearbeitet hat und der die Mauer im wahrsten Sinne des Wortes transparant machte, indem er sie aufbrach und durch ein ebenfalls teiltransparentes Kunstwerk ersetzte. In diesem Sinne ist Elsner ein „Kunstterrorist“, der als einer der ersten Künstler an der Mauer großartige Kunst geschaffen hat.

In seiner letzten Aktion bestieg Stephan Elsner mit den Hilfsmitteln eines Bergsteigers den Deutschen Reichstag. An einem Seil, welches der Künstler mit „Pfeil und Bogen“ trickreich an der Fassade des Reistages hochgeschossen und befestigt hatte, zog der Künstler eine selbstgefertigte Strickleiter in die Höhe, an der er dann „bequem“ in die Höhe stieg. Auf einem Balkon verbrachte Elsner mehrere Stunden und befestigte dann auf dem Dach an einem Mast sein Kunstwerk. Erst beim Abstieg vom Dach des dem „Deutschen Volke“ gewidmeten Hauses wurde Elsner von der West-Berliner Polizei entdeckt und verhaftet und wieder, wie zuvor von den britischen Alliierten, freigelassen.

Diese 2 x 3 Meter großen, mit transparentem Plastik bespannte Rahmen, platzierte der Künstler über den Vorderlandzaun hinweg in den „Todesstreifen“ direkt hinter den Streckmetalzaun und spühte dann echtes Karmin auf den Streckmetallzaun und durch die rautenförmigen Öffnungen hindurch auf sein Werk. Auf diese Weise schuf der Künstler Negativdurchpausungen der Grenze.

Exhibition „Grenzverletzung“ in der Galerie Son, Berlin. Foto: © Ralf Gründer (03.10.2008)

Stephan Elsner und die Galeristin Son bei der Vernissage am 3. Okt. 2008

Von Stephan Elsner mit echtem Karmin (Cochenille) besprühtes ehemaliges Sektorenschild der US-Alliierten.
Foto: © Ralf Gründer (03.10.2008)

Literatur:

Verboten: Berliner Mauerkunst – Eine Dokumentation von Ralf Gründer, Böhlau Verlag, ISBN 978-3-412-16106-4 [LINK]

Presse:

Kunstwerk entstand im „Zustand der Angst“. 27jähriger stemmte großes Loch in die Mauer, im: Volksblatt Berlin, 20.07.1982
Feuer und Gefahr. Neue Arbeiten von Stephan Elsner in der Galerie Lützow, im: Der Tagesspiegel, Feuilleton, 4. Oktober 1985

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